Andreas Babler hat das Scheitern der Regierungsverhandlungen zu verantworten
Nicht weiter wie bisher, heißt für uns auch ehrlich und transparent zu arbeiten. Daher müssen wir auf die Fake News von Andreas Babler reagieren.
Inklusive Bildung setzt voraus, dass schulischer Unterricht allen Kindern die gleichen Chancen bietet – egal, ob mit oder ohne Behinderungen. Während das in anderen Ländern längst zum schulischen Alltag gehört, sind wir in Österreich noch meilenweit von einem inklusiven Schulsystem entfernt. Seit Jahren drängen Expert_innen, Lehrer_innen und Eltern hier auf mehr Unterstützung von Seiten der Politik. Im Faktencheck sehen wir uns an, wieso die schulische Inklusion in Österreich so schleppend vorangeht und was es braucht, damit wir tatsächlich kein Kind mehr zurücklassen.
Ginge es nach der UN-Behindertenrechtskonvention, wäre das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne Behinderung in Österreich längst Realität. Darin ist festgeschrieben, dass schulischer Unterricht allen Kindern die bestmögliche Entfaltung der eigenen Potenziale ermöglichen soll. Anstatt daher – wie bisher im Bildungswesen üblich – die Fähigkeiten der Kinder an den Schulunterricht anzupassen, sollten sich Bildungseinrichtungen (vom Kindergarten bis zur Hochschule) vielmehr nach den individuellen Bedürfnissen der Kinder richten – nicht umgekehrt.
Die Umsetzung blieb in Österreich jedoch weitgehend offen. Bis heute ist ein Umbau des heimischen Schulsystems im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention nicht in Sicht. Die bestehenden integrativen Schulen nehmen zwar Kinder mit Behinderungen auf, in den gemeinsamen Schulalltag werden sie aber oft nicht eingebunden. Ausgrenzung steht immer noch an der Tagesordnung. Von einem Ausbau oder einer Weiterentwicklung inklusiver Schulformen fehlt somit jede Spur. Dabei zeigen andere europäische Länder vor, dass Inklusion auch in der Praxis möglich ist. In Italien, Spanien oder den skandinavischen Staaten werden schon jetzt fast alle Kinder mit Lernschwierigkeiten an der Regelschule unterrichtet.
Die Frage, die sich die Politik dringend stellen muss, ist demnach: Wo liegt der sprichwörtliche Hund begraben? Was muss sich jetzt in Österreich ändern, um wirklich allen Kindern gemeinsames Lernen zu ermöglichen?
Die Fakten zeigen, dass ein Bekenntnis zur inklusiven Schule nicht ausreichen wird, um allen dieselben Chancen zu ermöglichen. Die Politik ist hier seit Jahren säumig und weicht Reformwünschen und Unterstützungsansuchen der Lehrer_innen aus. Dabei gibt es viel, das man tun könnte: z.B. eine Anpassung des Lehrplans an die Anforderungen einer tatsächlich inklusiven Schule oder eine verpflichtende Einführung der Österreichischen Gebärdensprache.
Wenig hilfreich ist es jedenfalls, Sonderschulen und inklusive Schulzentren zu schließen. Viel besser wäre es, Sonder- und Regelschulen für alle Kinder zugänglich zu machen. Sonderschulen sollten also auch für Schüler_innen ohne Behinderungen geöffnet werden – und Regelschulen stufenweise für Kinder mit Behinderungen. Erst wenn beide Schultypen umfassend barrierefrei sind, können wir gemeinsames Lernen für alle Kinder garantieren.
Ein weiterer Stolperstein auf dem Weg zum gemeinsamen Lernen ist das Setting in den Schulen. Kinder mit Behinderungen und deren Familien haben seit 1993 die Wahl zwischen einem inklusiven Setting an der Wohnortschule und einem Sonderschulplatz. Bei dieser Entscheidung möchten wir die Familien künftig durch unabhängige Beratung vom Fachbereich Inklusion, Diversität und Sonderpädagogik (FIDS) stärker unterstützen.
Damit Barrierefreiheit überall Realität werden kann, braucht es nicht nur umfangreiche Investitionen, sondern auch die entsprechende Personalausstattung. Dazu gehören z.B. auch „School-Nurses“ – denn Lehrer_innen sind nicht für das Wechseln von Kathetern, Sondenernährung oder die Gabe von Insulin-Pens ausgebildet.
Stichwort Ausbildung: Alle angehenden Lehrer_innen müssen endlich eine fundierte Ausbildung in inklusiver Pädagogik erhalten – und zwar nicht als Wahlmodul, sondern als Teil der Basisausbildung. Bereits aktive Lehrer_innen sollten verpflichtende Fort- und Weiterbildungen dazu besuchen (das gibt es bereits bei Fortbildungen zu Deutsch als Zweitsprache).
Derzeit dürfen Jugendliche mit Behinderungen nach Ende ihrer Schulpflicht die Schule maximal zwei Jahre länger besuchen – und zwar nur mit Zustimmung des Schulerhalters und der zuständigen Behörde. Das muss künftig auch ohne Zustimmung und bis zu drei Jahre länger möglich sein. Die betroffenen Familien dürfen nicht länger zu Bittstellern gemacht werden.
Langfristig müssen wir eine Ausbildungsgarantie für Jugendliche mit Behinderungen schaffen. Der Staat Österreich muss sich dazu verpflichten, entsprechende Angebote in ausreichender Zahl und Qualität flächendeckend zur Verfügung zu stellen.
Denn von einer tatsächlich inklusiven Bildung profitieren wir alle!
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