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Offener Brief: Ausbildungsordnung entrümpeln – Lehrlingsausbildung revolutionieren!

Sehr geehrter Herr 
Bundesminister Kocher,
 

ist Ihnen bewusst, dass man in Österreich keine Kochlehre in einem Betrieb machen kann, der keine Innereien und keinen Apfelkren auf der Speisekarte hat? Haben Sie gewusst, dass Unternehmen mit einer Vier-Tage-Woche keine Lehrlinge aufnehmen können?

Wie kann es sein, dass Heizungstechniker:innen eine Lehre abschließen können, ohne je eine Wärmepumpe gesehen zu haben und ohne Kund:innen über die Vor- und Nachteile verschiedener nachhaltiger Heizungs- systeme beraten zu können?

Die Lehre war jahrzehntelang ein österreichisches Aushängeschild. Zu Recht! Doch jetzt ist ihr Ruf ruiniert. Wenn die Bundesregierung und die Wirtschaftskammer nicht rasch Reform- schritte einleiten, hat das Erfolgsmodell Lehre keine Zukunft. Mit fatalen Folgen für unsere Wirtschaft.

Die alarmierenden Statistiken aus dem Jahr 2022 zeigen ein Rekordhoch von 206.500 offenen Stellen in Österreich, eine Prognose des WIFO geht bis 2040 sogar von bis zu 569.500 offenen Stellen aus. 73 Prozent der Betriebe in unserem Land klagen über einen signifikanten Mangel an Fachkräften, besonders im Bereich der Handwerksberufe. Eine Vielzahl der Betriebe würde gerne mehr Lehrlinge ausbilden, jedoch fehlen geeignete und interessierte Jugendliche.

Der Grund für die rückläufige Zahl an Lehrlingen liegt nicht nur in der Überalterung der Gesellschaft, sondern auch in einem fehlenden Interesse an der Lehrausbildung. Während die Zahl der 15- bis- 19-Jährigen seit 1990 nur um 16 Prozent zurückging, sank die Zahl der Lehrlinge um ein Viertel. Dies verdeutlicht die dringende Notwendigkeit einer Modernisierung des Ausbildungssystems. Die Lehre ist für viele junge Menschen nicht mehr attraktiv, weil sie nicht mehr zeitgemäß ist.

Die Rahmenbedingungen der Lehrausbildung sind bedauerlicherweise im vergangenen Jahrhundert hängen geblieben. Es ist dringend erforderlich, Lehrinhalte an die Anforderungen der Gegenwart und der Zukunft anzupassen. Die Ausstattung von Berufsschulen mit modernen Technologien (beispielsweise CAD-Programe für technische Zeichner), eine Ausbildungskompatibilität mit der 4-Tage-Woche und ein Fokus auf Zukunftstechnologien in grünen Lehrberufen sind unumgänglich.

Ein besonderes Augenmerk sollte auf erneuerbaren Technologien liegen, wie der Wärmepumpe und dem E-Auto. Es ist schockierend, dass Zukunftstechnologien in den Bereichen Installations- und Gebäudetechnik und Kraftfahrzeugtechnik noch immer Wahlfächer sind, Fossiltechnologien sind der Standard. Wie können wir zulassen, dass noch im Jahr 2023 Fachkräfte ausgebildet werden, ohne ihnen das Rüstzeug für die Energiewende mitzugeben?

Wir benötigen dringend verpflichtende Lehreinheiten zu Alternativenergieanlagen sowie Elektroantrieben, um die Fachkräfte von morgen auf die Anforderungen der Arbeitswelt vorzubereiten.
Darüber hinaus sollten wir dringend die Vielfalt in der Gastronomie fördern, indem wir die Modularisierung der Lehre vorantreiben. Eine Aufteilung in Grundmodul und verschiedene Hauptmodule, wie österreichische, internationale und vegetarische/vegane Küche, könnte Tradition bewahren und gleichzeitig den aktuellen Anforderungen gerecht werden. Exzellente Gastronomiebetriebe können auch ohne Schnitzel und ohne Innereien auf der Speisekarte exzellente Lehrlinge ausbilden – lassen wir sie das doch.

Wir appellieren an Sie, als Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, die notwendigen Schritte zu unternmen, um unsere Lehrausbildung zukunftsfähig zu gestalten.

Zusammengefasst sind jetzt folgende Schritte zu setzen:

1.  Die Entrümpelung der Ausbildungsordnungen
2. Eine Ausstattungsoffensive der Berufsschulen für zeitgemäße Lehre
3. Eine Anpassung der Gesetzesgrundlage für die Lehre an die Realitäten der Arbeitswelt

Unsere österreichische Lehre war ein bewährtes Erfolgsmodell, das uns viele Vorteile gebracht hat. Doch um relevant zu bleiben, den Wirtschaftsstandort Österreich nachhaltig abzusichern und so den sozialen Wohlstand auch für die jüngeren und künftigen Generationen zu erhalten, müssen wir jetzt in Quantität und Qualität der Ausbildung investieren. Die Lehrlinge von heute sind die Fachkräfte von morgen, und es liegt in unserer Verantwortung, sie optimal auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten.

Wir ersuchen Sie dringend, die notwendigen Maßnahmen zu setzen und hoffen auf eine zukunftsweisende Neugestaltung unserer Lehrausbildung.

Freundliche Grüße 

Yannick Shetty & Michael Bernhard

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