Vielleicht möchte man meinen, dass eine Partei, die seit 36 Jahren Österreich mitregiert, eine klare Haltung gegenüber der österreichischen Neutralität, und damit einhergehend unserer Sicherheit, hat. Hat sie nicht. Im Jahr 2001 stellte der ÖVP-Kanzler Schüssel klar: "Die alten Schablonen – Lipizzaner, Mozartkugeln oder Neutralität – greifen in der komplexen Wirklichkeit des 21. Jahrhunderts nicht mehr", so der Kanzler wörtlich. Das Engagement Österreichs sei besser zu messen an den Beteiligungen im internationalen Bereich, "als an irgendwelchen abstrakten Rollen". Schüssel hat also die Sicherheit Österreichs klar in den Fokus gerückt und versucht, das veraltete Bild von Neutralität, zum Wohle der österreichischen Sicherheit in einer globalen Welt, aufzubrechen.
Doch als Gusenbauer das Kanzleramt übernahm, war es der ÖVP-Vizekanzler Molterer, der 2007 meinte, die Neutralität Österreichs "steht außer Frage". Ein paar Jahre später, im Jahr 2015 meldete sich der damalige Außenminister Sebastian Kurz zu Wort. Er warnte davor, die Neutralität "nicht als Auftrag zur Teilnahmslosigkeit am internationalen Geschehen" zu sehen. Im selben Jahr wurde das Grundsatzprogramm der ÖVP überarbeitet, das nach wie vor gültig ist. Darin steht wortwörtlich geschrieben: "Wir schätzen Europa als Garanten für Frieden, Stabilität und Sicherheit. Wir haben ein hohes Interesse an stabilen und sicheren Verhältnissen nicht nur bei unseren unmittelbaren Nachbarn, sondern auch in weiter entfernten Ländern. Die Europäische Union spielt dabei eine entscheidende Rolle. Eine zentrale Zukunftsfrage stellt daher die Weiterentwicklung hin zu einer Verteidigungsunion mit dem langfristigen Ziel einer gemeinsamen europäischen Armee dar."
Aha. Na welche "Sicherheit" darf es denn nun sein, liebe ÖVP?