"Wenn der Kindergarten Mittags schließt, wie soll ich arbeiten?"
Mein Name ist Sandra, ich bin 34 Jahre alt. Seit Jahren arbeite ich in einem Modegeschäft in Niederösterreich. Begonnen habe ich als Vollzeitkraft, dann wurde ich schwanger und war rund eineinhalb Jahre in Karenz. Da mein Mann in einem nahegelegenen Betrieb Vollzeit als Elektriker arbeitet, und ich mir noch etwas mehr Zeit bei der Begleitung unserer Tochter gewünscht habe, fing ich erstmal wieder als Teilzeitkraft in dem Modegeschäft an.
Unsere Tochter hat – für die Zeit in der ich arbeiten war – einen netten Platz in einer Kinderkrippe, rund 10 Autominuten von unserem Wohnort, bekommen. Vielleicht kennen das einige Leser:innen: Die Zeit ist verflogen. Unsere Kleine ist mittlerweile knapp vier Jahre alt, sie ist vor wenigen Monaten in den Kindergarten gekommen. Fast zeitgleich erhielt ich ein spannendes Angebot von meinem Chef. Ich wurde gefragt ob ich die Teamleitung in unserem Geschäft übernehmen möchte. Die anderen Mitarbeiter:innen haben mich vorgeschlagen, und auch Stammkund:innen würden immer wieder mal nach meiner Beratung fragen. Ich war sehr gerührt. Eine tolle Chance meine Talente, und mein Wissen im Modebereich weiterzuentwickeln, ich müsste aber wieder für 38,5 Stunden die Woche arbeiten. Leider kam die Enttäuschung recht schnell nach dem Angebot.
Kein Kindergarten in erreichbarer Nähe hatte auch nur annähernd Öffnungszeiten, die mit dieser Vollzeitstelle vereinbar gewesen wären. Eine zeitliche Aufteilung mit meinem Mann ist auch nicht möglich, denn er verdient knapp das Doppelte von meiner potenziellen Vollzeitstelle. Gerade jetzt wo so vieles so teuer geworden ist, können wir uns solch ein Risiko nicht leisten.
Und hier geht für mich die riesige Ungerechtigkeit los: Für unsere Familie ist es ein Risiko, wenn ich mehr Verantwortung in meinem Beruf ergreifen möchte. Das ist doch einfach unglaublich! Wir würden sogar einige Kilometer Fahrt in Kauf nehmen, um unserer Tochter einen tollen Ganztagesplatz bieten zu können. Sie profitiert doch auch enorm vom Kindergarten, das merken wir tagtäglich. Ihre sozialen Kompetenzen - wie beispielsweise ihre Resilienz - haben sich so toll geformt. Wir sind richtig stolz auf unsere Kleine, dennoch möchte ich nicht weniger Chancen im Leben haben, nur weil ich eine Mutter bin! Meine Situation zieht ja einen Rattenschwanz nach sich. Durch die Jahre in Teilzeit werde ich weiterhin bei vielen Dingen finanziell von meinem Mann abhängig sein. Ich werde weniger Pension bekommen. Es muss sich endlich was tun, die Regierenden müssen doch erkennen, dass es so nicht weitergehen kann.