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Koalition in Österreich: ein umfassender Leitfaden

Alle fünf Jahre wird in Österreich der Nationalrat gewählt. Im Anschluss an die Wahl wird die Regierung gebildet. Über viele Legislaturperioden wurde die österreichische Bundesregierung von einer Großen Koalition aus ÖVP und SPÖ gestellt. Dieser Leitfaden klärt, was eine Koalition ist und wie sie gebildet wird.

Was ist eine Koalition?

Einfach erklärt, ist eine Koalition ein Bündnis, das politische Parteien miteinander eingehen, um gemeinsam die Regierung zu bilden. Das ist erforderlich, wenn bei einer Nationalratswahl keine der Parteien die absolute Mehrheit, also über 50 Prozent der Stimmen, erreicht und daher keine Alleinregierung möglich ist. 

Als Opposition werden jene Parteien bezeichnet, die nicht Teil der Koalitionsregierung sind. Ihre Aufgabe liegt vor allem darin, die Arbeit der Regierung kritisch zu überwachen und alternative Vorschläge einzubringen.

Warum sind Koalitionen wichtig?

Erreicht bei einer Nationalratswahl keine Partei die absolute Mehrheit, kann keine Partei die Regierung alleine stellen. Um gemeinsam genügend Parlamentssitze zu erhalten, koalieren politische Parteien. Dadurch wird die Regierungsarbeit ermöglicht und die Regierung stabilisiert. Koalitionen haben im politischen Kontext daher eine sehr große Bedeutung.

Wie wird eine Koalition gebildet?

Ob nach einer Nationalratswahl eine Koalitionsregierung gebildet wird, hängt primär vom Wahlergebnis ab. Nach den Wahlen zum Nationalrat beauftragt der:die Bundespräsident:in die:den Vorsitzende:n der stärksten Partei mit der Regierungsbildung. Hat diese Partei keine absolute Mehrheit im Parlament, beginnen die Sondierungsgespräche mit anderen Parteien. Ziel dieser Gespräche ist es, herauszufinden, ob eine Zusammenarbeit zwischen den Parteien und eine Koalitionsbildung möglich ist. 

Im Anschluss an die Sondierungsgespräche starten die Koalitionsverhandlungen. Scheitern diese Verhandlungen, kann es zu einer Minderheitsregierung kommen. Sind die Koalitionsverhandlungen erfolgreich, werden alle Ergebnisse in einem schriftlichen Koalitionsvertrag festgehalten, dazu zählen vor allem die politischen Ziele und Ressortaufteilungen. Wird der Koalitionsvertrag von allen Parteien angenommen, kann die Koalitionsregierung gebildet werden.

Große Koalition: ein besonderes Modell

Bei einer sogenannten Großen Koalition bilden die beiden Parteien mit den meisten Mandaten die Koalitionsregierung. Auf die Regierungsarbeit hat diese Regierungskonstellation positive und auch negative Auswirkungen: 

Zu den Vorteilen zählen:

  • Stabilität: Da eine Große Koalition über eine breite Mehrheit im Nationalrat verfügt, kann sie eine stabile Regierung bilden. 
  • Effektive Gesetzgebung: Die Gesetzgebung kann bei Großen Koalitionen aufgrund der Mehrheit im Parlament effektiver ausgeführt und umgesetzt werden.  
  • Breite Repräsentation: Wird die Regierung von den größten Parteien geführt, dann repräsentiert sie einen sehr großen Teil der Wähler:innenschaft. Das kann eine breite Unterstützung in der Bevölkerung bedeuten.

Nachteile können sein: 

  • Schwache Opposition und große Regierungsmacht: Bei der Großen Koalition gibt es keine starke Opposition, da diese mit wenigen Sitzen im Parlament vertreten ist. Eine der zentralen Aufgaben der Oppositionsparteien ist die kritische Kontrolle der Regierung. Im Fall der Großen Koalition wird die Position der Opposition geschwächt.  
  • Langwierige Entscheidungsprozesse: Die Abstimmungen zwischen den Koalitionspartnern erfordern eine große Kompromissbereitschaft. In einer Großen Koalition können die Entscheidungsprozesse daher sehr langwierig sein.
  • Politischer Stillstand: Können sich die Koalitionspartner:innen nicht einigen, besteht die Gefahr eines politischen Stillstandes oder sogar des Scheiterns der Koalition.

Herausforderungen und Konflikte in einer Koalition


In einer Koalitionsregierung können verschiedene Herausforderungen auftreten, die nicht nur die Zusammenarbeit der beteiligten Parteien beeinträchtigen, sondern auch zu Konflikten führen können. Die Ressourcenverteilung ist bereits ein möglicher Konfliktpunkt zwischen den politischen Parteien. Denn gleich zu Beginn der Koalitionsbildung werden die Ministerposten und Budgetmittel aufgeteilt. Die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen werden in einem Koalitionsvertrag niedergeschrieben. Die Zusammenarbeit zwischen den Parteien stützt sich somit stark auf diesen Koalitionsvertrag. Je klarer, realistischer und detaillierter dieser ist, desto erfolgreicher kann eine Koalition sein. 

Im Laufe der Legislaturperiode können sich die Herausforderungen und Konflikte jedoch mehren. Das liegt häufig an den unterschiedlichen politischen Ansichten und Zielen der Parteien.  Daraus können nicht nur gravierende Meinungsverschiedenheiten, sondern auch Konflikte entstehen. 

Auch von außen wirken auf koalierende Parteien viele Faktoren ein, die zu Spannungen führen können. Das können beispielsweise geopolitische Krisen, Kriege, soziale Missstände oder eine angespannte wirtschaftliche Situation sein. Wird der externe Druck auf die Regierung durch Medien, Interessengruppen und Wähler:innen noch erhöht, kann das zu weiteren Konflikten zwischen den regierenden Parteien führen. 

Wie stabil eine Koalitionsregierung ist, hängt stark davon ab, wie erfolgreich die koalitionsinterne Abstimmung und Kompromissbereitschaft ist.

Koalition in Österreich: ein Überblick

In Österreich war die politische Landschaft lange Zeit von einer Großen Koalition geprägt. Mit der Gründung der Zweiten Republik im Jahr 1945 stellten ÖVP und SPÖ die Regierung. Bei dieser Nationalratswahl erreichte die ÖVP 49,8 % und die SPÖ 44,6 %. Diese Große Koalition zwischen ÖVP und SPÖ setzte sich bis 1966 fort. Danach kam es zu einer Alleinregierung der ÖVP. 1970 formten SPÖ und FPÖ eine Minderheitsregierung. Danach war die SPÖ drei Legislaturperioden alleinregierend. Darauf folgte eine Kleine Koalition aus SPÖ und FPÖ.

Die Große Koalition aus SPÖ und ÖVP wurde ab 1986 unter Franz Vranitzky und Viktor Klima weitergeführt. Im Vergleich zur ersten Ära dieser Regierungskonstellation waren SPÖ und ÖVP jedoch mit weniger Sitzen und daher einer geringeren Anzahl von Abgeordneten im Nationalrat vertreten. 

2006 gestalteten sich die Koalitionsverhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP als sehr schwierig, dennoch bildeten die beiden Parteien wieder eine Große Koalition. 2007 zerbrach diese und es wurden Neuwahlen angesetzt. Die Nationalratswahlen 2008 brachten jedoch wieder eine Koalition zwischen SPÖ und ÖVP. 

2013 kam es in Österreich bis dato zur letzten Großen Koalition von SPÖ und ÖVP. Große Unstimmigkeiten zwischen den Parteien führten dazu, die Gesetzgebungsperiode zu verkürzen. Bei den Nationalratswahlen 2017 bildete die ÖVP unter Bundeskanzler Kurz eine Koalition mit der FPÖ. Diese zerbrach in Folge des sogenannten Ibiza-Skandals. 

Seit den Nationalratswahlen 2019 wird Österreichs Regierung von einer Koalition aus ÖVP und Grünen gebildet. Am 29. September 2024 findet in Österreich die nächste Nationalratswahl statt. 

Häufig gestellte Fragen

Eine Koalition ist eine Vereinbarung zwischen politischen Parteien, gemeinsam eine Regierung zu bilden und politische Ziele zu verfolgen. Sie kann zwischen zwei oder auch mehreren Parteien gebildet werden. 

Politische Parteien schließen sich zu Koalitionen zusammen, um im Parlament eine Mehrheit zu erreichen. Ohne diese Mehrheit kann keine Regierungsführung stattfinden und können keine Gesetze beschlossen werden. 

Wenn eine Koalition zerbricht, kann eine Regierung auf drei Arten neu gebildet werden: Andere Parteien starten Koalitionsverhandlungen. Eine Partei regiert alleine, obwohl sie keine Mehrheit im Parlament hat (sogenannte Minderheitsregierung), oder es kommt zu Neuwahlen. 

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