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Minderheitsregierung: Definition, Bedeutung und Beispiele

Eine Minderheitsregierung hat keine Mehrheit im Parlament. Das hat Auswirkungen auf die Regierungsarbeit. Denn ohne Unterstützung durch eine andere Partei kann eine Minderheitsregierung keine Gesetze verabschieden. Dieser Leitfaden klärt, was das genau bedeutet und worin die Chancen dieser Regierungsform liegen. 

Inhaltsverzeichnis

    Was ist eine Minderheitsregierung?

    Eine Minderheitsregierung ist eine Regierung, die nicht über die absolute Mehrheit im Parlament verfügt. Konkret kann das der Fall sein, wenn die regierende Partei weniger als 92 von insgesamt 183 Mandaten bei einer Wahl zum Nationalrat erreicht. Das hat große Auswirkungen auf das politische Handeln aller Abgeordneten: Um Gesetze beschließen zu können, braucht es eine einfache Mehrheit, bei manchen Gesetzen eine Zweidrittelmehrheit. Das kann eine Minderheitsregierung nur durch Unterstützung von anderen Parteien erreichen. 

    Im Gegensatz dazu hat eine Mehrheitsregierung eine klare Mehrheit im Parlament. Die Gesetze können also unabhängig von anderen Parteien verabschiedet werden.

    Wie entsteht eine Minderheitsregierung?

    Wenn ein Wahlergebnis keine Mehrheit für eine politische Partei ergibt und Koalitionsverhandlungen keinen Erfolg bringen, kann eine Minderheitsregierung gebildet werden. Dabei wird der:die Kanzler:in von jener Partei gestellt, die die meisten Sitze im Nationalrat hat. Dazu braucht es jedoch die Zustimmung des Bundespräsidenten bzw. der Bundespräsidentin. Dieser bzw. diese hat die Aufgabe, den:die Bundeskanzler:in zu ernennen. Ist auch dieser Schritt geschafft, beginnt der:die Kanzler:in die Verhandlungen mit den anderen Parteien, um sich für die Regierungsarbeit Unterstützung zu holen. Schließlich fehlt der Regierung eine dauerhafte Mehrheit. 

    Ob eine Minderheitsregierung gebildet wird, hängt somit stark von den politischen Verhandlungen und Vereinbarungen zwischen den verschiedenen Parteien ab. 

    Minderheitsregierung in Österreich

    In Österreich gab es in der Zweiten Republik nach einer Nationalratswahl erst einmal eine Minderheitsregierung. 1970 erreichte keine der politischen Parteien eine Mehrheit. Die SPÖ erzielte 81, die ÖVP 78 und die FPÖ 8 von 165 Mandaten. 18 Monate lang regierte mit Unterstützung der FPÖ eine SPÖ-geführte Minderheitsregierung.  

    2019 kam es in Österreich abermals zu einer Minderheitsregierung, diesmal unter ÖVP-Bundeskanzler Kurz. Diese war aber kein Resultat einer Wahl, sondern entstand im Zuge der Ibiza-Affäre, durch die die Koalition zwischen ÖVP und FPÖ zerbrach. Die ÖVP-Minderheitsregierung sollte bis zu den angekündigten Neuwahlen regieren. Durch ein Misstrauensvotum wurde diese Regierung im Juni von einer Übergangsregierung unter Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein abgelöst. 

    Aktuell setzt sich die Bundesregierung in Österreich aus einer Koalition zwischen ÖVP und den Grünen zusammen. 

    Beispiele für Minderheitsregierungen

    So selten wie in Österreich sind Minderheitsregierungen jedoch nicht. Ganz im Gegenteil, in Norwegen sind Minderheitsregierungen die Regel und Mehrheitsregierungen die Ausnahme. 

    Auch in Schweden, Dänemark und Belgien gab es bereits mehrere Minderheitsregierungen, ebenso in Tschechien, der Slowakei und Portugal.

    Vor- und Nachteile einer Minderheitsregierung

    Durch eine Minderheitsregierung ergeben sich für die parlamentarische Arbeit unmittelbar Vor- und Nachteile. Wie gut diese Regierungsform funktioniert, hängt primär von der politischen Zusammensetzung und den handelnden politischen Personen ab. 

    Vorteile einer Minderheitsregierung: 

    • Die Regierung muss viel enger mit anderen politischen Parteien zusammenarbeiten und verhandeln als im Fall einer Mehrheitsregierung. Bei Entscheidungen fließen somit mehr politische Ansichten ein, was gleichzeitig eine breitere Konsensbildung bringt.
    • Die Minderheitsregierung ist bei ihrer politischen Agenda nicht an fixe Koalitionspartner gebunden. Jede der Oppositionsparteien kann die parlamentarische Arbeit unterstützen.
    • Auch die Transparenz und Kompromissbereitschaft kann höher sein. Das liegt daran, dass die Regierung bei politischen Entscheidungen auf die Zustimmung anderer Parteien angewiesen ist und die Regierungsarbeit offener gestaltet ist. Das kann sogar die Demokratie der Regierungsarbeit stärken.

    Nachteile einer Minderheitsregierung: 

    • Die Abhängigkeit von anderen Parteien kann zum Nachteil werden. Da politische Entscheidungen auch von anderen Parteien getragen werden müssen, kann es sein, dass die Regierung Zugeständnisse machen muss, die nicht im vollen Einklang mit ihrer politischen Überzeugung stehen.
    • Die Unterstützung bei politischen Entscheidungen ist immer vom Wohlwollen der anderen Parteien abhängig. Eine Minderheitsregierung kann durch die fehlende Mehrheit schnell das Vertrauen der anderen Parteien verlieren.
    • Die Regierungsarbeit kann weniger effizient sein. Durch die fehlende Mehrheit im Parlament kann die Entscheidungsfindung schwieriger und langwieriger sein.

    Häufig gestellte Fragen

    Eine Minderheitsregierung ist eine Regierung, die im Parlament keine Mehrheit erreicht. Dazu kann es kommen, wenn die regierende Partei bei einer Wahl unter 50 % der Stimmen erhält. 

    Um Gesetze verabschieden zu können, braucht es die einfache Mehrheit, bei manchen Gesetzen eine Zweidrittelmehrheit. Diese erreicht eine Minderheitsregierung jedoch nicht alleine. Sie ist somit auf die Unterstützung anderer politischer Parteien angewiesen. Dadurch erlangen auch kleinere Parteien in der Regierungsarbeit eine gewisse Machtposition. 

    Bei einer Konzentrationsregierung wird die Regierung aus allen Parteien, die im Parlament vertreten sind, gebildet. In Österreich gab es bisher erst einmal eine Konzentrationsregierung. 1945 waren ÖVP, SPÖ und KPÖ im Nationalrat vertreten und bildeten von 1945 bis 1947 zusammen eine Konzentrationsregierung.

    Eine Regierung ohne Mehrheit im Nationalrat ist bei Beschlüssen auf die Unterstützung anderer Parteien angewiesen. Denn um Gesetze beschließen zu können, ist im Parlament eine einfache Mehrheit notwendig. Bei Gesetzen, die auch eine Veränderung des Verfassungsrechts mit sich bringen, ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich.

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