Michael Bernhard
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Schluss mit zügellosem Zubetonieren!
Jeden Tag verbrauchen wir in Österreich Boden im Umfang von 17 Fußballfeldern – für Gebäude, Parkplätze oder Straßen. Dabei erfüllen freie Flächen und ein intakter Boden für uns alle ganz wesentliche Funktionen: Sie dienen als Grünoasen für Ortskerne, zum Erhalt der Tier- und Artenvielfalt, als natürliche Klimaanlage in der Stadt und als Abfluss für Wassermassen nach starken Unwettern. Oft wird auch Ackerboden oder Weidefläche verbaut und so die heimische Lebensmittelversorgung nach und nach reduziert. Um endlich den Flächenfraß zu stoppen, müssen wir über die bestehenden Probleme mit Raumordnung und Widmungskompetenzen sprechen. Denn Raumordnung und Flächennutzung können nicht länger ausschließlich in den Gemeinden und auf Länderebene entschieden werden. Es braucht mehr Transparenz, Kontrolle und einen bundesweiten Rahmen!
Ein Blick über die Ländergrenzen zeigt: In Bayern sehen sich die Expert:innen und nicht die Politik als Hauptverantwortliche bei der Flächenwidmung. Statt wie bei uns die Aufsicht und Kontrolle den Gemeinden zu überlassen, behält dort die Behörde (in Deutschland: das Kreisamt) den Überblick, wann eine Widmung genehmigt werden darf und wann nicht. Das ist nicht nur wesentlich transparenter, sondern fungiert auch als wichtiger Hebel gegen Korruption und Machtmissbrauch.
Was sind die genauen Enscheidungsgrundlagen für einzelne Flächenwidmungen? Warum wurden gewisse Projekte genehmigt? Wie und wann wurde vom verantwortlichen Land kontrolliert? Wie oft wurde wo wie gewidmet und warum? In der Raumordnung ist vieles unklar, uns fehlt der Blick aufs Ganze. Deshalb braucht es mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit bei Widmungsprozessen - auch, um Interessenskonflikte zu vermeiden.
Durch eine neugeschaffene Bundeskompetenz "Bodenverbrauch" kann der Bund klare Vorgaben zum österreichweiten Bodenverbrauch schaffen und Machtmissbrauch auf lokaler Ebene verhindern. Weiters sollen im Zuge des Finanzausgleichs jene Gemeinden, die sich nicht an Bodenverbrauchsziele halten, weniger finanzielle Mittel vom Bund bekommen. Dadurch erhält die übermäßige Versiegelung von Grünfläche einen Preis und auch endlich entsprechende Sanktionen.
Wir brauchen eine Planungs- und Verkehrspolitik, die Bürgermeister:innen und Gemeinden bei komplexen Fragen der Flächenwidmung und Bebauung entlastet. Denn wo gebaut wird, gibt es immer auch Begehrlichkeiten. Die Flächenwidmung soll daher gemeinsam mit den Gemeinden und nach den Vorgaben des Bundes umgesetzt werden. Die Widmungsentscheidung wird auf einer überörtlichen (nicht politischen!) Ebene getroffen.
Wir fordern, dass jene Gemeinden, die sich nicht an zuvor festgelegte Versiegelungsziele halten, auch weit weniger Geld vom Bund bekommen sollen. Vielleicht überlegen sich die Länder und Gemeinden dann zwei Mal, ob es den riesigen Parkplatz vorm Supermarkt oder das nächste ,Little Dubai‘ wie in Grafenwörth braucht. Im Zuge des sogenannten Finanzausgleichs kann der Bund den Gemeinden Gelder bei Nichteinhaltung vorenthalten. Somit würde die Bundesregierung den einzigen Hebel gegenüber den Gemeinden betätigen und das zügellose Zubetonieren mit echten Sanktionen belegen.
Um das zügellose Zubetonieren einzubremsen, braucht es Ausgleichsmaßnahmen im Fall von Umwidmungen in Bauland. Wir fordern ein Anreizsystem für Flächenrecycling und die Entsiegelung von Flächen.
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