Fiona Fiedler
Mehr
Gleiche Leistungen für alle und Finanzierung aus einer Hand
Das österreichische Gesundheitssystem ist intransparent, zersplittert, setzt zu wenig auf Prävention und hinkt anderen europäischen Ländern klar hinterher. Zu wenig niedergelassene Ärzt:innen für die Primärversorgung stehen einer zu hohen und teuren Spitalsbettendichte gegenüber - die für den modernen Stand der Medizin gar nicht mehr nötig ist. Während andere Gesundheitsberufe wie Apotheker:innen und Pfleger:innen ihre Potenziale nicht voll ausnützen können, ist die Ärzteschaft unter sehr starkem Leistungsdruck. Auch die Wahlmöglichkeiten sind im heimischen Gesundheitswesen massiv eingeschränkt. Nach wie vor kannst du dir als Versicherte:r weder deine Krankenkasse noch die Versichertenverter:innen frei wählen, von verfügbaren Ärzt:innen ist oft erst gar nicht die Rede.
Insgesamt sehen wir NEOS einen massiven Innovationsbedarf im Gesundheitswesen. Wir stehen für mutige Reformen und gestalten die Finanzierung neu. Um gleiche, gerechte und qualitativ hochwertige Leistungen für alle sicherzustellen, möchten wir bei der behäbigen Bürokratie sparen. Damit Patient:innen aber auch bestmöglich von Innovationen und dem Gesundheitswesen profitieren können, müssen wir die Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung steigern und alle Bürger:innen zu mündigen, informierten Partner:innen im Gesundheitswesen machen.
Gesundheitskompetenz legt den Grundstein für ein gesundes Leben. Wir wollen schon in Kindergarten und Schule vermitteln, wie wichtig Ernährung, Sport und (psychische) Gesundheit sind, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Auch für Erwachsenen müssen wir Präventionsprogramme ausbauen. Der regelmäßige Check-In beim eigenen Körper darf kein Bonus mehr sein, sondern muss für möglichst viele Menschen ein normaler Teil des Alltags sein. So können wir die Entstehung chronischer Krankheiten schon in früheren Entwicklungsstadien stoppen und Menschen mehr gesunde Lebensjahre bieten.
Die Devise lautet: Ambulant vor stationär! Um die richtigen Versorgungsanreize zu setzen und die Trennung von Spitalserhaltung und Spitalsfinanzierung zu garantieren, fordern wir die Finanzierung aus einer Hand. Nur so können wir das Hin- und Hergeschiebe von Patient:innen zwischen niedergelassenen Ärzt:innen und Krankenhäusern stoppen. Wir müssen Patient:innen so schnell wie möglich die nötige stationäre Versorgung ermöglichen und sie dann ebenso schnellstmöglich wieder entlassen. Denn wer regelmäßige und gute Betreuung erlebt, heilt im gewohnten Umfeld schneller. Stärken wir daher mobile und niedergelassene Angebote!
Um das Potenzial des österreichischen Gesundheitswesens komplett auszunutzen, bauen wir die Kooperationen in Gesundheitspraxen oder Präventionszentren aus. Ärzt:innen, Pflegepersonal, Apotheker:innen und Physio- oder Psychotherapeut:innen stehen nicht in Konkurrenz zueinander. Wir müssen die fortschreitende Digitalisierung nutzen, damit verschiedene Berufsgruppen besser miteinander arbeiten können.
Wir fordern gleiche Leistungen für alle Versicherten! Ein Kassenfinanzkraftausgleich ermöglicht den nötigen Risikostrukturausgleich zwischen den Krankenkassen- und Krankenfürsorgeanstalten. Innerhalb einzelner Kassen müssen wir Rückstaus bei der Vereinheitlichung auflösen. Wer bei der gleichen Krankenkasse ist, muss überall dieselbe Behandlung bekommen können - egal, in welchem Bundesland die Person lebt.
Um den Personalmangel in der Pflege zu beenden, braucht es eine inhaltliche Aufwertung und bessere Arbeitsbedingungen in Krankenhaus, Altenheim oder mobiler Pflege. Wer Unterstützung braucht, darf nicht mehr in der Grauzone zwischen gesundheitlichem Anspruch und sozialer Notwendigkeit liegen. Auch hier braucht es eine Kostenanalyse, mehr Präventionsangebote und eine einheitliche Qualität in allen Bundesländern.
Es gibt nicht zu wenig Ärztinnen und Ärzte – das Problem ist, dass das Verteilungssystem Richtung Kassenstellen nicht funktioniert. Wir müssen die Rahmenbedingungen für Kassenärztinnen und -ärzte attraktivieren, damit um sie zu entlasten und dafür zu sorgen, dass sie auch wieder mehr Zeit für die Patientinnen und Patienten haben. Solange Kassen und Kammern nicht für grundlegende Verbesserungen bei den Kriterien für Kassenverträge sorgen und sich so die Rahmenbedingungen für Kassenärztinnen und -ärzte verbessern, wird sich am massiven Mangel nichts ändern.
Wir alle zahlen schon seit über 30 Jahren (seit 1992) einen höheren Sozialversicherungsbeitrag für Psychotherapie – und bekommen trotzdem nach wie vor nur einen Bruchteil der Behandlungskosten von der Krankenkasse zurück.
Anfragebeantwortungen haben gezeigt, dass 3-5% der 1,9 Mio. Kinder und Jugendlichen professionelle psychotherapeutische Unterstützung benötigen, doch lediglich die Versorgung von 2% durch „Gesund aus der Krise“ gesichert ist. Wir NEOS sind überzeugt, dass wir in Österreich niemanden zurücklassen dürfen, schon gar nicht unsere Kinder und Jugendlichen. Gerade in Zeiten hoher Inflation sollte kein krankes Kind besorgt sein, ob sich seine Eltern die Behandlung auch leisten können.
Für uns NEOS ist klar: Physische und psychische Schmerzen sind gleich zu behandeln. Eine gebrochene Seele tut nicht weniger weh als ein gebrochener Arm.
Seit 2008 hat die Anzahl der niedergelassenen Kassenärzt:innen in Österreich nicht zugenommen, obwohl die Bevölkerung um etwa sieben Prozent gewachsen ist. Besonders die Gruppe der Menschen über 75 Jahre, die häufiger ärztliche Unterstützung benötigt, ist um 25 Prozent angewachsen. Im Gegensatz dazu ist die Anzahl der Privatärzt:innen in den letzten zehn Jahren deutlich gestiegen, und zwar um 42,3 Prozent.
Die Kassen reduzieren allmählich die Versorgung. Die Zunahme an Wahlärzt:innen ist eine Beleidigung für diejenigen, die Beiträge zahlen. Viele Menschen weichen auf Wahlärzt:innen aus, weil sie bei Kassenärzt:innen lange Wartezeiten haben, sofern sie es sich leisten können. Nur ein kleiner Teil der Kosten für Wahlärzte wird von der Krankenkasse erstattet, der Großteil, etwa 90 Prozent, muss der/die Patient:in selbst tragen. Unsere Forderung ist daher klar: Wenn in einem für den Patient:innen „zumutbaren Zeitraum“ kein Termin bei einem Kassenarzt zu bekommen ist, soll die Krankenkasse den Wahlarzt bezahlen – zur Gänze.
Mehr
NEIN! Aber die Kassenzusammenlegungen und auch Debatten über die Finanzierung von Privatkrankenhäusern haben gezeigt, dass wir auch im öffentlichen Gesundheitswesen mit großen Ungleichheiten konfrontiert sind. Der Rechnungshof kritisiert seit Jahren die fehlende Abstimmung und Kooperation zwischen Krankenhäusern. Wir wollen das Miteinander von öffentlichen und privaten Spitälern weiter optimieren und den Versicherungsträgern helfen, für Kassenärzte wieder attraktiver zu werden.
Wir sind überzeugt, dass im System genug Geld da ist, um allen Patient:innen einen fairen und zeitnahen Zugang zu gleichen ärztlichen Leistungen zu ermöglichen. Das Problem ist hier die ideologische Matchpolitik innerhalb des Hauptverbandes. Dieser deckelt nämlich aus Kostengründen (weil das viele Geld woanders versickert) die Anzahl vieler ärztlicher Leistungen. Beispielsweise werden Radiologen also nur für eine bestimmte Anzahl an Untersuchen bezahlt. Da die Nachfrage somit viel größer als das Angebot bzw. die Vergütung der Radiologen durch die Kassen ist, können diese nicht mehr Termine anbieten und für die Patient:innen entstehen Wartezeiten. Unsere klare Forderung lautet: Aufhören bei Patient:innen zu sparen und endlich eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung sicherstellen.
Um die Versorgung für chronisch Kranke zu verbessern, müssen Einschreibmodelle zur strukturierten Versorgung flächendeckend gestärkt werden. Bisher gibt es diese nur für Diabetes, doch viele andere chronisch Kranke würden ebenso von organisierten Behandlungsabläufen profitieren, weniger Folgeerkrankungen sammeln und dadurch mehr gesunde Lebensjahre zur Verfügung haben. Zum Vorteil der Patient:innen muss hier endlich ein Überblick über Diagnosen geschaffen werden und durch vorzeitige Behandlungen können auch hohe Therapiekosten von Folgeerkrankungen eingespart werden.
Wir unterstützen das Konzept der Primärversorgung. Damit kann eine zweckmäßige, sparsame und zielgerichtete Gesundheitsbetreuung bzw. Therapie - insbesondere für chronisch Kranke - gewährleistet werden. Wir finden auch die Ausweitung der Kompetenzen von Gesundheitsberufen zeitgemäß und sinnvoll, denn nicht überall wird an erster Stelle ein Arzt gebraucht. Ganzheitliche Therapien müssen mehrere Gesundheitsberufe einbeziehen. So können Primärversorgungszentren zu einer Qualitäts- und Effizienzsteigerung in der Gesundheitsversorgung beitragen.