Untersuchungsausschuss
WAS IST EIN UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSS?
Ein „Untersuchungsausschuss“ oder auch „parlamentarischer Untersuchungsausschuss“ ist ein politisches Kontrollinstrument des Nationalrats, um die Geschäftsführung der Bundesregierung in konkreten Angelegenheiten zu überprüfen.
Untersuchungsausschüsse werden gebildet, wenn der Verdacht von Missständen oder rechtswidrigen Vorkommnissen innerhalb der Regierung besteht. Im Unterschied zu einem Gerichtsverfahren stehen keine Rechtsmittel zur Verfügung. Statt Angeklagte und Zeugen gibt es Auskunftspersonen und Sachverständige. D. h. es werden keine Urteile gesprochen, aber die Ergebnisse mittels Abschlussbericht veröffentlicht.
Wie funktioniert ein Untersuchungsausschuss?
Nachdem ein Untersuchungsausschuss im Nationalrat beschlossen wurde, werden alle liefer pflichtigen Stellen über die Einsetzung informiert. Diese übermitteln im Anschluss alle Akten und Unterlagen, die zum Untersuchungsgegenstand gefunden werden, an den Ausschuss. Die Überlieferung der Dokumente passiert fortlaufend über die gesamte Dauer des Untersuchungsausschusses.
Diese Unterlagen werden im Anschluss gesichtet und auf Ungereimtheiten und Missstände überprüft. Infolgedessen werden Auskunftspersonen geladen. Die Befragungen finden direkt im Untersuchungsausschuss statt und sind zeitlich eingegrenzt.
Einsetzung eines Untersuchungsausschusses
Untersuchungsausschüsse einsetzen kann nur der Nationalrat (nicht der Bundesrat). Das wird auch als Enqueterecht bezeichnet. Vor Ende 2014 war für die Einbringung die Unterstützung der Mehrheit, durch einen Beschluss im Nationalrat, notwendig. Heute ist der Untersuchungsausschuss ein Minderheitenrecht, was bedeutet, dass nur ein Viertel der Abgeordneten (Stimmen im Nationalrat) für den Beschluss nötig sind. Er dient damit der parlamentarischen Opposition als wirksames Hilfsmittel.
Über die Zulassung des Untersuchungsausschusses berät der Geschäftsordnungsausschuss, welcher innerhalb von acht Wochen einen Rückmeldungsbericht an den Nationalrat vorlegen muss. Wird der erbrachte Antrag als zulässig bewertet, kommt es zur Einsetzung und der Nationalrat muss darüber abstimmen.
Wann endet ein Untersuchungsausschuss?
Die Arbeit des Untersuchungsausschusses ist zeitlich begrenzt und dauert in der Regel 14 Monate. In Ausnahmefällen kann dieser Zeitraum bis zu zweimal um jeweils drei Monate verlängert werden. Außerdem endet dieser im Zuge einer abgelaufenen Gesetzgebungsperiode.
Gegenstand eines Untersuchungsausschusses
Für den Antrag auf Einsetzung eines Ausschusses muss der Gegenstand der Untersuchung klar bezeichnet werden. Zudem muss es sich um einen bestimmten abgeschlossenen Vorgang handeln, welcher sich im Rahmen einer Handlung des Bundes ereignet hat. Ein Untersuchungsausschuss darf sich nicht in laufende politische Aktivitäten einmischen, sondern wird eingesetzt, um bestimmte Entscheidungen oder Entwicklungen im Hinblick auf die politische Verantwortung aufzuarbeiten oder zu hinterfragen.
Akteneinsicht, Beweissicherung und Auskunftspersonen
Wer muss dem Untersuchungsausschuss die Vorlage von Akten und Unterlagen zum Untersuchungsgegenstand übermitteln?
- Bedienstete des Bundes (Rechnungshof, Bundesministerium …),
- Organe der Länder (Landesregierungen …),
- Gemeinden,
- und andere Selbstverwaltungskörper (z. B. Kammern).
Für zusätzliche Informationen können diese Stellen um weitere Beweiserhebungen ersucht werden. Dabei sind beweissichernde Maßnahmen, wie Hausdurchsuchungen oder Beschlagnahmungen, nicht zulässig und dürfen auch nicht von Gerichten verlangt werden.
Ein Untersuchungsausschuss darf Auskunftspersonen zum Untersuchungsgegenstand befragen. Wird dies verweigert, kann diese Person dem Untersuchungsausschuss vorgeführt werden und das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über entsprechende Zwangsmittel.
Dokumente und Akten können von einem Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses beantragt werden. Das gilt auch für die Befragung von Auskunftspersonen, wobei diese nur zweimal geladen werden dürfen.
Wer sitzt im Untersuchungsausschuss?
Die Mitglieder eines Untersuchungsausschusses werden von den im Parlament vertretenen Parteien entsandt. Die Anzahl der Mitglieder richtet sich dabei nach der Sitzverteilung im Nationalrat. So setzte sich der „ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss“ (2021–2022) aus 13 Mitgliedern zusammen: fünf von der ÖVP, drei von der SPÖ, jeweils zwei von FPÖ und Grünen sowie einem Mitglied von uns NEOS.
Den Vorsitz im U-Ausschuss führt der bzw. die Präsident:in des Nationalrats. Bei Bedarf übernehmen die zweite oder dritte Nationalratspräsident:in diese Rolle. Bemerkenswert ist, dass der oder die Vorsitzende auch dann diese Funktion ausüben kann, wenn er oder sie selbst Gegenstand der Untersuchungen ist – wie es im Fall von Wolfgang Sobotka (ÖVP) der Fall war.
Wahrheitspflicht
Auskunftspersonen verpflichten sich gegenüber dem Untersuchungsausschuss zu wahrheitsgemäßen Angaben zum Untersuchungsgegenstand. Wird eine Aussage verweigert und ist das aus Sicht des Ausschusses nicht gerechtfertigt, kann über das Bundesverwaltungsgericht eine Beugehaft beantragt werden. Auch ein Vorführen über Sicherheitsbehörden kann über den Untersuchungsausschuss beantragt werden.
Bei öffentlich Bediensteten ist die Berufung auf die Geheimhaltungspflicht nicht zulässig. Befragungen können aber unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt werden und alle anwesenden Personen sind zur Wahrung der Vertraulichkeit verpflichtet.
Verfahren
Der Vorsitz des Untersuchungsausschusses wird vom Präsidenten des Nationalrates geführt und das Verfahren orientiert sich an der „Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse“. Ein Verfahrensrichter wird dabei als Unterstützung eingesetzt. Auch Auskunftspersonen haben das Recht, sich von einer Vertrauensperson zu Befragungen begleiten zu lassen – diese hat aber kein Rederecht. Um die Grund- und Persönlichkeitsrechte der befragten Person zu wahren, wird ein Verfahrensanwalt hinzugezogen.
Innerhalb des Untersuchungsausschusses werden Beratungen vertraulich behandelt. Medienvertreter sind bei der Befragung von Auskunftspersonen sowie Sachverständigen zugelassen – es sei denn, es liegen triftige Gründe für einen Ausschluss der Öffentlichkeit vor.
Bei der Anhörung von Auskunftspersonen werden wörtliche Protokolle angefertigt, welche nach Beschluss des Ausschusses auf der Website des Parlaments als Kommuniqués veröffentlicht werden.
Sind Untersuchungsausschüsse öffentlich?
Untersuchungsausschüsse sind nicht für die allgemeine Öffentlichkeit zugänglich. Nur akkreditierte Journalist:innen dürfen als Vertreter:innen der Öffentlichkeit an den Sitzungen teilnehmen. Auch für diese gilt ein striktes Verbot von Bild- und Tonaufnahmen. Seit geraumer Zeit setzen sich die Grünen, SPÖ, FPÖ und wir NEOS dafür ein, Sitzungen von U-Ausschüssen live zu übertragen – ähnlich wie es bei Nationalratssitzungen gehandhabt wird. In Deutschland werden solche Sitzungen bereits live übertragen. Für eine entsprechende Änderung in Österreich wäre jedoch eine Zweidrittelmehrheit im Parlament notwendig, die bislang an der Ablehnung der ÖVP scheitert.
Die Protokolle der einzelnen Sitzungen stehen der Öffentlichkeit online auf der Homepage des Parlaments zur Verfügung.
Beispiele bisheriger Untersuchungsausschüsse
Seit 1949 hat das österreichische Parlament mehrere Untersuchungsausschüsse eingesetzt, um verschiedene politische und gesellschaftliche Themen zu untersuchen. Hier eine aktualisierte Liste bedeutender Untersuchungsausschüsse bis Herbst 2024 (die Liste beginnt mit 1971, da frühere Ausschüsse weniger mediale oder politische Bedeutung hatten):
- UNO-City (1971–1972): Untersuchung der Errichtung des Vienna International Centre in Wien.
- Flugzeugkauf für das österreichische Bundesheer (1971–1975): Prüfung der Beschaffung von Flugzeugen für das Bundesheer.
- AKH (1980–1981): Untersuchung der Baukostenüberschreitungen und Verzögerungen beim Allgemeinen Krankenhaus Wien.
- Lucona (1988–1999): Langjährige Untersuchung des Versicherungsbetrugs und Mordes im Zusammenhang mit dem Untergang des Frachters „Lucona“.
- Noricum Waffenexporte (1989–1990): Untersuchung illegaler Waffenexporte der Firma Noricum in Kriegsgebiete.
- Eurofighter-Affäre (2006–2007): Prüfung der Beschaffung von Eurofighter-Kampfflugzeugen durch das Bundesheer.
- Hypo Alpe Adria (2015–2016): Untersuchung der Vorgänge rund um die Verstaatlichung und den Bankenskandal der Hypo Alpe Adria.
- Ibiza-Untersuchungsausschuss (2020–2021): Untersuchung der im „Ibiza-Video“ aufgedeckten politischen Korruptionsvorwürfe.
- ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss (2021–2022): Prüfung von Korruptionsvorwürfen gegen die Österreichische Volkspartei.
- COFAG-Untersuchungsausschuss (2024): Untersuchung der Corona-Finanzierungsagentur des Bundes (COFAG) und ihrer Maßnahmen während der Pandemie.
- „Rot-blauer Machtmissbrauch“-Untersuchungsausschuss (2024): Untersuchung von Vorwürfen des Machtmissbrauchs während der rot-blauen Koalition.
NEOS IM U-AUSSCHUSS:
Wir haben vor mehr als 12 Jahren NEOS gegründet, um Schluss zu machen mit Korruption, Postenschacher und politischer Einflussnahme auf die unabhängige Justiz. Unser Ziel ist ein neues Österreich mit sauberer Politik und maximaler Transparenz.
Die letzten Jahre haben jedoch eindrucksvoll gezeigt, wie weit Österreich aktuell davon entfernt ist. Waren die Bereicherung um Grasser, die Postenschacher um Strasser genauso österreichische Praxis wie Faymanns Umgang mit Inseraten, so mussten wir bei Kurz, Schmid und der türkisen ÖVP von 2017 bis 2024 ein „Best-of“ der Korruption mitansehen. Die türkise Familie hat sich in einer nie zuvor dagewesenen Dreistigkeit an der Republik bedient und bereichert. Die Republik erscheint immer mehr als Selbstbedienungsladen einiger Weniger.
Ziel des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss ist es, aufzuklären, wie all das möglich wurde und wie man diesem System ein Ende setzen kann.